hochsensibel sein . Selbsterforscher sein . Tier sein

Reportage

Reportage

10 Jahre lang in den 90ern war ich mehrere Wochen im Jahr mit meiner Ausbildergruppe oder privat bei Dede.

Seit dieser Reportage hat Dede seine Methode von Jahr zu Jahr verfeinert und intensiviert. Dies hier ist ohnehin nur ein kleiner Ausschnitt

Dede lehrt Respekt vor der ‚Art‘ Hund. Richtig böse wurde er nur, wenn einer von uns sich dappert anstellte und damit den Hund auf dem Gerät in Gefahr brachte. Wir mussten uns alle ganz schön was anhören! Danke Dede!

Sein Ziel ist die funktionierende Kommunikation zwischen Mensch und Hund, dazu müssen wir Menschen unsere eigene Kommunikationsformen – Körpersprache und Sprache – erkennen, neu einüben und bewußt ‚ hundisch‘ einsetzten ebenso wie die Körpersprache und Sprache des Hundes sehen, hören und interpretieren können. Das Medium hierfür sind die Geräte. Es geht also nicht darum, einen Parcour fehlerfrei zu durchlaufen, sondern … jetzt muss ich aufhören, auf dieser Seite geht es ja nur um eine kleine Einführung.

Dede sagt von sich:“ Ich bin ein Hund“ . Das stimmt, wir haben unendlich viel von ihm gelernt, gottseidank beherrscht er auch die Menschensprache, mit der er übersetzen kann und uns ‚Sehen‘ und Verstehen lehren kann.

Für die Reportage habe ich den Besuch von Viviane als Rahmenhandlung erfunden. Die Fotos stammen aus verschiedenen Jahren. (Die ganz oben steht, ist meine Betise, Dede nannte sie ‚La Star!)

Binelle bei Dede

Kommunikation, der Schlüssel zum Team mit dem Hund

© Connie Kiefer Veröffentlichung Hunde Revue 4/99 

Viviane entdeckt während ihres Frankreichurlaubs nahe Arcachon das Schild: Terrain des Dressages. Neugierig betritt sie mit ihrem Hund das Gelände. Dort blickt sie erstaunt um sich, denn so etwas hat sie noch nie gesehen: Auf einem riesigen naturbelassenen Terrain stehen Dutzende seltsamer Geräte aus teilweise ungewöhnlichen Materialien, wie Gittern, Blechen oder Rohren. Riesige Laufstege, klappernde Wippen und Geisterbahnen für Hunde entdeckt sie. Unter einem Hügel bemerkt sie meterlange Tunnel und ein Teich mit allen Arten Vögeln ergänzt das Bild.

Mitten auf dem Platz tummeln sich bei einer Übungsstunde ungefähr dreißig Vierbeiner aller Rassen ohne Leine. Es wuselt nur so, es wird gebellt und geknurrt, gespielt und geschmust. Die Menschen schauen interessiert zu und besprechen sich. Aber was ist hier bloß los? Agility kann es nicht sein, auch nach Breitensport sieht es nicht aus. Rettungshundetraining vielleicht?

Nein, das hier ist ein Platz, wo eine andere Disziplin gelehrt wird, denn dies ist ein Platz der Kommunikation.

Andre Escafre ‚Dede‘ hat sich hier die idealen Voraussetzungen geschaffen, seine Methode zu verwirklichen. Mehr als vierzig Jahre lang hat er als Mitglied der französischen Armee alle Arten der Hundeausbildung praktiziert. Schutzhunde, Wachhunde, Spürhunde, was auch immer gebraucht wurde kam aus seiner Schule. Kein Kapitel der traditionellen Ausbildung ist ihm fremd. Schon alte Fotos zeigen deutlich die besondere Sensibilität für seine Tiere und ein äußerst treffendes Beobachtungsvermögen. 

Sein Interesse konzertierte sich immer darauf, die Spezies Hund in ihrem Verhalten zu beobachten, zu interpretieren und in die bestmögliche Kommunikation zu treten. Nach der Pensionierung baute er seinen ´Platz der Kommunikation` auf, wo er die Erkenntnisse seines Lebens mit Hunden verwirklicht und wo alles einem Ziel dient: Hund und Mensch zu einem Team zu machen.

(Die Geräte sind Hilfsmittel für die Menschen, den Tieren dienen sie einmal zum Erwerb von Fähigkeiten und Selbstbewußtsein und andererseits zum Erwerb von Vertrauen in ihre Menschen. )

Soziales Lernen im Rudel

Viviane fällt auf, daß alle Hunde frei herumlaufen und man sie weitgehend sich selbst überläßt. Dede, wie Escafre genannt wird, fordert die Umstehenden zu gezielten Beobachtungen auf. Denn um etwas über den Hund lernen zu können, muß man zuerst ‚Sehen‘ lernen.

Alle Arten von Verhalten kann man beobachten: Nervöses Herumlaufen, Provokationen, Unterwerfung, Angeberei, Spiel, zärtliche Schmusereien, Souveränität… Die Hunde versuchen ihren Platz im Rudel zu finden und schon nach kurzer Zeit scheinen sie genau zu wissen, was sie von jedem ihrer Artgenossen zu halten haben. Dede erklärt interessante Situationen aus Sicht der Hunde und entscheidet, ob und wie man eingreifen muß.

Ein Dream-Team

Unterstützt wird Dede von seinem Hund Junior. So seltsam es klingt, der Schäferhund spielt die Rolle der Polizei auf dem Platz. Lange Zeit hat er das Verhalten seines Herrn erlebt und irgendwann begonnen, es zu kopieren. “ Ich kümmere mich um die Menschen und mein Hund um die Tiere. Er kann das viel besser als ich und er ist absolut zuverlässig. Niemals verletzt er einen anderen Hund, wenn er ihn zur Ordnung ruft und greift immer nur soweit ein, wie absolut notwendig.“ Dede blinzelt seinem Junior liebevoll und stolz zu.
Was es heißt, ein Team zu sein, kann man sofort spüren, wenn Dede Junior freundlich einlädt:“ Komm, wir gehen arbeiten!“ Das Tier schmiegt sich sichtlich hingerissen in die Hand des Menschen und führt freudig aus, was immer er tun soll. Die Rute wedelt, er würde für seinen Herrn bis ans Ende der Welt gehen.

(Ich erinnere mich an eine Situation, wo Dede uns zeigen wollte, dass die Augenfarbe eines Hundes kurz vor dem Angriff ganz gelb wird. Er provozierte sie Situation, die Hundeführerin konnte aber ihren Hund nicht halten und Junior warf sich dazwischen, schneller als wir Menschen überhaupt begriffen haben, was passiert. Das anschließende Dankeschön von Dede war ergreifend und wunderschön.)

Hierarchie im Team

„Der Hund akzeptiert seinen Herrn nur als Chef, wenn dieser auch Chefqualitäten zeigt, nämlich Ruhe, Souveränität, Klarheit. Ein Rudelführer ist niemals unnötig agressiv, das kann man sich bei Junior abschauen“, erklärt Dede.

„Es ist gar nicht von entscheidender Wichtigkeit bei der Arbeit, wer im Team der Chef ist. Der Hund arbeitet auch gern mit Kumpels. Man soll unnötige Provokationen vermeiden wie z.B. das Fixieren mit den Augen oder scharfe Befehle“
Dede fährt fort: „Manche Menschen bemerken leider nicht, daß sie durch überflüssige Machtausübung in den Augen des Hundes an Autorität eher verlieren. Weniger ist mehr, auch hier gilt diese Weisheit“.

Die Macht der Stimme

Dede zeigt nun, daß alles, was man für die Verständigung mit seinem Hund braucht, der eigene Körpereinsatz ist. „Die Stimme, die Gestik und als einziges Hilfsmittel die Leine genügen vollkommen“. Da sich der Mensch aber meistens seiner Äußerungen gar nicht bewußt ist, sowohl in der Stimme wie in der Gestik, fängt das Training heute mit nur einem Teil der Kommunikation an, der Sprache.

„Das ist ja leicht!“, glaubt man. Weit gefehlt. Der Hund wird freundlich von Viviane in einen Flur geschickt. Sie muß sich nun überlegen, wie sie ihn dirigieren will. Sie hat nur die Stimme zur Verfügung, wenn gar nichts mehr geht auch noch die Gestik. Soll der Hund weitergehen, anhalten, warten oder kehrt machen? Und was sagt sie, wenn er nicht gehorcht? Wie kann sie ihn so motivieren, daß er die Rute freudig trägt? Allmählich schwant ihr, daß hier nicht der Hund, sondern der Mensch eine Ausbildung bekommt.

Genauso wichtig wie die richtigen Kommandos im passenden Tonfall ist es, den Hund rechtzeitig mit einem „Fertig!“ zu entlassen. Zusammen mit einem freudigen Lob wird die Übung so für ihn zum Erfolgserlebnis und er wird sie beim nächsten mal selbstbewußt angehen.

Gerätearbeit einmal anders

Die Aufgabe heißt:“ Lenke deinen Hund mit der Stimme, helfe ihm mit deiner Körpersprache und deinem Lob!“
Und wo das Ganze? Ein Flur mit Vorhängen, Klappern, rasselnden Wippen und ähnlichen Hindernissen ist eine regelrechte Geisterbahn für Hunde, deren Bewältigung Mut und Vertrauen fordert.

„Benutze deine Leine als Instrument der Kommunikation, das deinen Hund nicht behindert, ihm nicht vor der Nase herumwedelt, ihn nicht durch Ziehen oder starke Rucke aus dem Gleichgewicht bringt! Die Leine soll dem Hund helfen, ihr sollt euch mit ihrer Hilfe verstehen lernen!“ Dede zeigt langsam und genau, was er meint. ( Wenn man die Leine falsch benutzt, kommt der Hund auf dem Laufsteg ins Schaukeln)

Auch hier ist es der Mensch, der in erster Linie lernt. Der Hund gewinnt Geschicklichkeit, Selbstvertrauen und Erfahrung. Und immer wieder ist es der Erfolg des Hundes, der zählt. Nur mit Mühe bezwingt manch ein Zweibeiner seinen Ehrgeiz, wenn sein Hund ‚bloß‘ zwei Pfoten auf ein unbekanntes Gerät setzt. Nicht das Bewältigen von Geräten, nicht das Erfüllen von Ordnungen und Disziplinen ist gefragt.
„Kleine Erfolge auf einmal sind große im Ganzen gesehen“, lernt man hier.

Die Bewachübung

Oft führt Dede eine sogenannte Bewachübung durch, erklärt er der erstaunten Viviane. Hierbei gehen Hund und Herr in ein Gatter. Ein Tuch wird so hingelegt, daß es teilweise aus dem Zaun hängt und der Hund wird mit einem zischenden Laut zum Bewachen aufgefordert. Dede nähert sich wie ein Dieb und versucht, das Tuch zu stehlen. An der Art, wie Hund und Mensch zusammenspielen, ob sich der Hund z. B. hinter seinem Herrn versteckt, kann Dede einiges über das Team erkennen. Ebenso aufschlußreich ist, ob der Hund Dede anknurrt oder ihm gleich das Tuch vor der Nase wegschnappt, also seine Beute bewacht.

Dede benutzt diese Übung nicht in erster Linie, um den Hunden das Bewachen beizubringen, sondern weil er hier ein weiteres Instrument zur Analyse des Teams Hund Mensch besitzt. Viviane freut sich, daß sich ihr Hund anschließend ohne Probleme von Dede streicheln läßt.

Der Mensch genügt

„Für die Kommunikation mit dem Hund sind Spielzeuge überflüssig“, erklärt Dede.

Während ein kleines Mädchen mit Oscote, der Dogge, kuschelt und sie sich liebkosen, erzählt Dede von Unfällen.
Ein Hund, der viel Ball gespielt hat, biß ein Kind in den Kopf, weil er die Mütze mit den Troddeln für ein Spielzeug hielt. Der Apfel, der aus der Einkaufstüte fiel und auf die Straße kullerte, wurde dem hinterherspringenden Hund zum Verhängnis…

Gar nicht so spektakulär, aber nicht weniger unangenehm sind die Folgen des ausdauernden Ballspiels, wenn es die Fixierung auf bewegliche Gegenstände bewirkt. Der Fahrradfahrer findet es nicht lustig, wenn ihm der durch das sich drehende Rad erregte Hund folgt und nach den Waden schnappt.

„Oft kann man vorher gar nicht abschätzen, welche Probleme man sich gewissermaßen als Nebenwirkung einhandelt. Starke Erregung beim Spiel mit Gegenständen und Fixierung darauf bedeuten immer auch, daß Situationen außer Kontrolle geraten können.“ Dede entgeht nicht das übermütige Schnappen nach der Hand, die gerade einen Kiefernzapfen aufgehoben hat und nun schmerzhaft zurückzuckt.

(Bei einem späteren Besuch bei Dede zeigte er mir einen Hund, der bei jedem Spaziergang nur mit Ballwerfen bewegt worden und Beziehung nur mit dem Ball erlebt hat, weil die Menschen keine Zeit und Lust auf Laufen hatten. Nach der Trennung der Besitzer lebte der Hund jetzt in einem großen Gehege bei Dede. Er war durch die ausschließliche Fixierung auf den Ball so zerstört, dass er auf keinerlei menschlichen oder tierischen Kontakt mehr reagierte – nur auf den Ball. Weil er seinen Triebstau nicht loswurde, fraß er seinen eigenen Schwanz ab und starb. Diesen Hund zu sehen kurz vor seinem Tod machte mir den ganzen Wahnsinn klar, den Menschen mit ihren Tieren anstellen können. Das Elend des Tieres werde ich nie vergessen. )

Probleme sind zum Lösen da

Viele Menschen kommen zu Escafre, wenn sie Probleme haben. Heute geht es um einen kleinen Pudel. Sein lautes Gekläffe während des Autofahrens und das Umherspringen strapaziert die Nerven von Frauchen, gefährdet aber auch die Sicherheit.

Dede geht nach bewährter Methode vor. Zuerst beobachtet er den Menschen und den Hund. Er analysiert. Danach zeigt er dem verzweifelten Frauchen, wie sie richtig auf ihren Pudel einwirken kann.Die Reihenfolge beim Einsteigen wird geändert, die Leine leistet als Erziehungshilfsmittel für kleine Rucke ihre Dienste. Kurze Zeit später und nach kleinen Probefahrten zeigen ein verdutzter Hund und eine erleichterte Frau, wie leicht die Verständigung funktionieren kann, wenn man die gleiche Sprache spricht.

Eindrücke, Eindrücke, Eindrücke

Viviane verläßt nach diesem Vormittag beeindruckt und voller Anregungen für ihren Alltag diesen besonderen Ort.

Der Ort der verkehrten Welt, wo nicht die Regeln der Menschen den Ablauf bestimmen. Wo man eine Ahnung davon bekommt, wie ernst der Hund seinen Job nimmt: das Beobachten des Menschen. Wo man sich beschämt eingestehen muß, wie wenig man seinen besten Freund kennt und versteht. Wo man mit seinem ganzen Körpereinsatz Vokabeln der gemeinsamen Sprache lernen kann. Und der Ort, wo man mit Respekt und Neugier Kommunikation aufbaut und zu dem Team werden kann, das unser Leben so bereichert.

Für Terminvereinbarungen, Informationen und Anmeldungen senden Sie mir bitte ein Mail! 

Ich freue mich auf Sie!      Connie Kiefer

Alle Fotos, Texte und die Methode Tier-Psycho-Kinesiologie n. Kiefer © unterliegen dem Urheberrechtsgesetz